Lieber H,
Ich habe so einen kleinen Teddybären. Nicht mal wirklich aus meiner Kindheit. Ich habe ihn mir selbst gekauft mit Mitte Zwanzig.
Der Bär hat eine Lederhose an. Und ein weisses Hemdchen. Das ist aber nicht mehr wirklich weiss, sonden gräulich. Er hat die Größe eines Monschischis. Während meiner Klinikzeit hat er mich begleitet.
Als Kind hatte ich auch einen Teddybären. Er war so groß wie ich als Dreijährige und er hat mich in meinen Alpträumen beschützt. Wenn ich nachts Angst hatte oder traurig war, war er immer an meiner Seite.
Jetzt brauche ich wieder meinen Teddybären. Den kleinen, mit den Lederhosen. Aber M mag den Bären nicht. Er nimmt ihn einfach und schleudert ihn irgendwo hin. Dabei habe ich gar kein „krankes Ding“ aus dem Bären gemacht.
Jetzt brauche ich den Bären wieder, aber ich weiss nicht wo er ist. Also versuche ich mich mit Tee zu beruhigen. Ich komme in die Küche und sehe, wie M das Frühstück für sich und seinen Sohn vorbereitet hat. Und schon bin ich wieder so gerührt. Vielleicht weil ich auch so gern selbst einen Papa wie M hätte.
Ist es grausam, den Teddybären von deiner Liebsten wegzuschleudern? Er hat es ja nicht getan, als ich den Bären gerade brauchte. Er sagt, du brauchst den Bären nicht mehr. Du hast ja mich.
Aber jetzt bin ich doch allein. Und ich erwarte ja gar nicht, dass M da ist. Aber den Bär hätte ich gern. Wieder habe ich Sorge, dass A mit ansehen muss, wie ihre Mutter zusammen bricht.
Wieder. Dabei konnte ich gerade eine tolle Mutter sein. Ihr Vater dagegen ist down, weil seine Freundin ihn verlassen hat. Wie damals als ich in der Klinik war. Beide Elternteile angeschlagen. Zum Glück ist sie heute erwachsen. Trotzdem. Das muss doch mal aufhören.
Ich wünschte es wäre alles vorbei. Die Sache mit der Entscheidung. Mit dem Umzug. Mit allem. Es gibt eine Mail von meinem Vermieter. Ich kann sie einfach nicht öffnen. Ich hab solche Angst davor. Ich habe ihn um Geld gebeten, damit ich rechtzeitig ausziehen kann. Und jetzt ist da die Antwort und ich kann sie nicht öffnen. Weil ich ja auch nicht mehr weiss, was ich wollen soll. Wo ich hin soll.
Soziale Interaktionen sind eine riesige Strapaze für mich. Die meisten Menschen strengen mich an. Ich habe Sorge, dass ich komisch bin, nicht aufmerksam, einen ungebildeten Eindruck mache, weil ich in den aktuellen Politthemen nicht drin bin. Das macht mich traurig.
Es könnte kippen, lieber H. Der Druck in mir ist so gross und so heftig. Das geht schon zu lange jetzt. Ich bin zwar eine Meisterin darin, neue Strategien zu finden. Aber das ist ja keine Lösung. So wie mein Leben gerade ist, sind da zu viele Dinge im Außen, die zu viel abverlangen, zu ungesund sind.
Die Beziehung. Die Wohnungssache. Der Druck mit dem Job. Das ständige Auf und Ab der Aufträge. Zwei große Fälle, an denen ich sehr lange dran war sind weggebrochen. Jetzt wird es wieder eng…
Und ich bin so müde, was Erstgespräche angeht. Gleich, in ein paar Stunden, muss ich wieder so ein Gespräch führen.
Ich möchte aufwachen aus dieser Situation. Meiner Situation. Zoe